Sie teilen sich Tisch und Trank – ein Besuch in der Singener Vesperkirche

Rolf Göttner, Willy Wagenblast und Udo Engelhardt nutzen das Angebot der Vesperkirche Singen. Göttner hat die Vesperkirche in Stuttgart mitbegründet und bewundert nach eigenen Angaben die Singener Herzlichkeit. | Bild: Arndt, Isabelle

In der Lutherkirche in Singen sitzen derzeit mittags verschiedenste Menschen zusammen – vom Enkel bis zur Oma, vom Hartz-IV-Empfänger bis zum Unternehmer. Was sie eint: Sie schätzen die Gemeinschaft. Ein Ortsbesuch.

Wer hier sein Drei-Gänge-Menü genießen möchte, muss früh dran sein. Bereits kurz nach 11 Uhr bildet sich eine kleine Schlange vor der Lutherkirche in Singen und kurz nach Öffnung der Vesperkirche um 11.30 Uhr ist fast jeder Platz besetzt. Bis zu 160 Gäste sitzen an den 21 Tischen oder bahnen sich ihren Weg dahin. Zwischenzeitlich müssen immer wieder Besucher kurz warten, bis ein Platz frei wird. An jedem der Tische ist Platz für acht Menschen aus Singen und Umgebung – und acht unterschiedliche Lebensgeschichten. Da sitzen im einen Moment noch Empfänger von Grundsicherung, die das Monatsende herbeisehnen, und wenig später die Organisatoren eines solchen Formats wie Rolf Göttner und Udo Engelhardt.

All diese Menschen haben an diesem Tag mehr gemeinsam als ihr Mittagessen, es gibt Hühnerfrikassee mit Reis oder Spaghetti mit Tomatensauce. Sie schätzen die Gemeinsamkeit. Man wünscht sich guten Appetit, fragt wie es schmeckt und wie es geht. Vermieter isst mit dem Mieter, Oma mit Tochter und Enkelin. "Ich finde es schön, dass hier Menschen verschiedener Coleur an einem Tisch sitzen und sich austauschen können", sagt einer der Besucher. Er ist Rentner aus Konstanz und zum ersten Mal hier, wie er erzählt. Seinen Namen will er nicht verraten, aber eine Meinung zur Vesperkirche hat er durchaus: "Das Gemeinschaftsgefühl wird gestärkt." Er selbst ist das beste Beispiel dafür, sitzt er doch mit dem Mieter seiner Singener Wohnung zusammen. Und für das Gemeinschaftsgefühl gibt es viele Beispiele: Zu seiner anderen Seite sitzt eine Frau, die hier in den nächsten Tagen ebenfalls helfen wird. An diesem Tag hat sie ihren Ehemann samt Rollator, ihre Tochter und ihre Enkelin mit dabei. Einen Tisch weiter sitzen zwei befreundete ältere Damen, die jedes Jahr vorbeikommen und dabei ein wenig mehr in den Spendenkasten werfen – um die soziale Idee zu unterstützen, wie eine von ihnen sagt.

Zurück